Leitfaden für Marketing- und Werbeprofis in Unternehmen
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der zentralen Frage, wann es grundsätzlich sinnvoll ist, einen Online-Marketing Bereich im Unternehmen aufzubauen. Ist der Aufbau einer eigenen digitalen Einheit eine Modeerscheinung oder eine Notwendigkeit? Ist es ein „Must-Have” oder ein Zeichen von Misstrauen gegenüber der eigenen Agentur? Es gibt einige Aspekte und unterschiedliche Facetten, die im Vorfeld einer Insourcing-Entscheidung berücksichtigt werden müssen.
Dieser Artikel liefert Anhaltspunkte, Tipps, Hinweise und Denkanstöße, was in den Entscheidungsprozess grundsätzlich einfließen sollte. Eine eigene Digital Media Einheit bietet grundsätzlich ein Mehr an Transparenz, Kontrolle, Flexibilität, Know-how und Informationshoheit z.B. hinsichtlich Budgets, Umfänge, Zusammenhänge, Partnerschaften, Maßnahmen etc. Aber was sind überhaupt die 3 Top „Beweggründe“ für das Insourcing?
Drei typische Gründe für Insourcing
1. Budget: Durch die interne Steuerung der Online-Marketing-Kanäle kann langfristig Budget eingespart werden. Maßgeblich sind die Kosten für Agenturhonorare, AdManagement, weitere technische Gebühren, Kreation, ggf. Auditing etc. Ob die Kosten in vollem Umfang oder teilweise eingespart werden können, hängt von dem zukünftigen Setup des Bereichs ab. Besonders für internationale Player ist es sinnvoll, gewisse Ressourcen inhouse zu bündeln. 2. Know-how: Eine inhouse Digitaleinheit kann auch als Vermögenswert (Asset) betrachtet werden, da der Return on Media Investment höher ausfallen kann. Spezielle Kompetenzen können inhouse aufgebaut und auch für die Unternehmensbereiche hinweg genutzt werden (interner Know-how Transfer). Das Insourcing zahlt sich mittel- bis langfristig aus und schafft unternehmerische Flexibilität und ein agiles Handeln. Investitionen in Top-Fachpersonal, Tools und Technik sind hierfür unausweichlich. 3. Transparenz & Kontrolle: Einige Werbungtreibende sind inzwischen der Überzeugung, dass sie ohne externe Agentur schneller, effizienter und unabhängiger im eigenen Firmeninteresse denken und handeln können. Maßgeblich ist der transparente Umgang mit Informationen und Wissen, die notwendig sind, fundierte Media-Entscheidungen treffen und ein Höchstmaß an Kontrolle gewährleisten zu können.8 Faktoren für den Erfolg
Eine Garantie für Erfolg gibt es per se nicht, aber Best Practices bzw. Guidelines. Nachfolgend wird das blueShepherd 8 Säulen Prinzip vorgestellt, welches als Grundlage für den Entscheidungsprozess dienen kann: 1. Vision (Reason Why) & Ziele: Was soll mit einer Digitaleinheit für Media bezweckt werden? Wohin soll die Reise gehen und warum? Formulieren Sie Ziele bzw. Etappenziele. Formulieren Sie Ziele pro Maßnahmenart (Display, Social, SEA, SEO etc.), pro Digitaleinheit (Branding und/oder Performance) und für die ersten 1 bis 3 Jahre. Definieren Sie, was sie pro Monat an KPIs wie z.B. Traffic to Lead, Customer Lifetime Value und Return on Media Investment etc. erreichen wollen. 2. Mediavolumen: Wie viel Mediavolumen wird insgesamt investiert und welcher Anteil entfällt zukünftig auf die eigene inhouse Einheit? Der Aufwand für das operative Geschäft, Analyse, Planung, Controlling/Reporting, Einkauf etc. werden je nach Budgethöhe unterschiedlich ausfallen. Beispielsweise ist für den Mediaeinkauf (insbesondere im Display-, Mobile- & Video-Bereich) ein gewisses Volumen notwendig, um auf dem Markt als Player relevant zu sein und „gute Einkaufskonditionen“ zu realisieren. 3. HR Management: Eine inhouse Einheit ist gleichzeitig ein „Thinktank“ für alle digitalen Themen. Es wird gut qualifiziertes Fachpersonal mit Prozess Know-how benötigt. Falls bestehende Teams für die Digitaleinheit umgeschult werden sollen, stellt sich die Frage, welche Qualifikationen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen mit Digital Media Maßnahmen, technisches Know-how, Marktteilnehmer etc. im Team vorliegen. Ein Schulungskonzept ist ein Muss. 4. Aufgabenumfang: Digital Media Themen bringen viele technische und Aspekte der Datenanalyse mit sich. Soll die Unit alle Themen z.B. vom AdManagement bis zur Marktforschung abdecken? Werden bestimmte Themen weiterhin extern bedient? Die Kernaufgabenbereiche und erweiterte Kompetenzbereiche sollten für die inhouse Unit klar definiert werden. Praxis-Tipp: Alle 4 bis 6 Monate sollte es ein Review geben, ob die Strukturen und Aufgabenbereiche noch aktuell sind und ob ggf. Anpassungen notwendig sind. 5. Know-how Management und Development: Das „Jack of All, Master of One- Prinzip” ist wichtig. Wenn jedes Teammitglied mindestens über Basis Know-how auch über „andere Bereiche“ verfügt, wird das „gemeinsame Verständnis“ gefördert und die daraus resultierenden Ergebnisse deutlich besser. Fordern und Fördern sind die Leitmaxime. Die integrierte „Digitale-Denke“ und das Know-how hinsichtlich der Strategie und Umsetzung entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg. Das Verständnis in Bezug auf die digitalen Themen, technischen und technologischen Zusammenhänge, Geschäftsmodelle und Wettbewerber ist wichtig. Es sind Prozesse erforderlich, qualifizierte Mitarbeiter weiterhin als qualifizierte Fachkräfte auch zukünftig nutzen zu können. Personal wird zudem für das (Prozess-) Management, das Know-how zu sammeln und allen verfügbar zu machen, benötigt. 6. Digital dynamisch bleiben: Die digitale Media-Welt verändert sich ständig. Immer up-to-date zu bleiben, bedeutet, die nötige Geschwindigkeit für die Anpassungsfähigkeit kombiniert mit digitalem Sachverstand aufzubringen. Zudem ist Ausdauer ein wichtiges Thema. Trends müssen permanent beobachtet werden. Praxistipp: Es existieren diverse Verbände, Messen und Networking-Events, um sich digital „weiterzubilden“ und jederzeit fit zu halten. 7. Digitale Resilienz: Keine Angst vor Fehlern! Investieren Sie Zeit in Mind-Mapping, führen Sie Gespräche mit Experten oder holen Sie sich Unterstützung von externen Beratern für den „Schulterblick“-Prozess. Lassen Sie sich nicht von Hypes, negativen Meldungen, neuesten Technologien und Entwicklungen beirren. Die inhouse Digital Unit Aufbau ist eine Chance, das Unternehmen in die nächste digitale Ära zu begleiten. 8. Think different: Kapazitäts-Sharing: Noch ist das Thema Kapazitäts-Sharing nicht präsent auf dem Markt, wenn über den Aufbau von Digital Media Units gesprochen wird. Es könnte aber überlegenswert sein, sich bestimmte Ressourcen wie z.B. technische Kapazitäten mit einem oder mehreren Werbungtreibenden zu teilen. Besonders in Zeiten, in denen Fachkräfte-Mangel herrscht, kann diese Option sinnvoll sein. Praxistipp: Sprechen Sie mit anderen Werbungtreibenden, die bereits erfolgreich eine eigene Unit aufgebaut haben.Externe Einflüsse
Der Markt ist sehr dynamisch. Es gibt daher eine Vielzahl von externen Faktoren, die durch den Werbungtreibenden wenig bis gar nicht beeinflusst werden können. Diese Faktoren nehmen aber Einfluss auf Prozesse, Ressourcen, Sinnhaftigkeit einer inhouse Digital Unit.Top externe Faktoren
- Neue Technologien (z.B. für Adserving & Programmatic etc.)
- Qualität von Content (mehr UGC oder redaktioneller Content)
- Neue Publisher/Vermarkter auf dem Markt, die Inventarpool, Preis und Umsetzungsqualität beeinflussen können
- Neue KPIs/ Messmethoden/Analysen und Tracking-Tools
- Neue Browser und Browsereinstellungen (z.B. Cookies Tracking, AdBlocker)
- Neue Devices und Möglichkeiten, die Einfluss auf dem User Medienkonsum nehmen (z.B. VR, Smart TV etc.)
- Datenverwaltung,Datensicherheit und Datenschutzgesetze
Gastkommentar in Internet World Business
In der aktuellen Printausgabe der Internet World Business (Ausgabe 17, ET 28.08.2017) gibt Mandar Ambekar, geschäftsführender Gesellschafter von blueShepherd, fünf Tipps für die Entscheidungsfindung, wann es sinnvoll ist, im Unternehmen ein eigenes Team für digitale Werbung aufzubauen, statt die Aufgaben an eine Agentur auszulagern.